Bilanzskandal Wirecard-Prüfer von EY geben ihren Beruf auf

Der Zahlungsdienstleister Wirecard ist seit Sommer 2020 insolvent, obwohl der Wirtschaftsprüfer EY jahrelang dessen Bilanzen abgenommen hatte. Das bringt EY jetzt in die Bredouille.  Quelle: dpa

Jahrelang hat EY die Wirecard-Bilanzen abgezeichnet, nun geben frühere und aktuelle Manager des Prüfkonzerns ihre Wirtschaftsprüfer-Zulassungen zurück – und entgehen einer Strafe. Für EY ist das dennoch ein böses Omen.

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Schlechtes Zeichen für Wirecards langjährigen Bilanzkontrolleur EY: Mehrere frühere und aktuelle Mitarbeiter des Prüfkonzerns haben ihre Wirtschaftsprüfer-Zulassungen zurückgegeben. Sie entgehen dadurch möglichen Strafen der Aufsicht wegen etwaiger Fehler bei den Jahresabschlusskontrollen von Wirecard.

Wie aus dem Online-Verzeichnis der Wirtschaftsprüferkammer hervorgeht, sind langjährige EY-Angestellte nicht mehr als Bilanzkontrolleure tätig. Darunter sind frühere und aktuelle Manager, die Wirecards Zahlenwerk hauptverantwortlich geprüft und die Jahresabschlüsse mit ihrer Unterschrift bestätigt haben. Ein Sprecher der Kammer sagte auf WirtschaftsWoche-Anfrage, die Männer hätten ihre Zulassungen im Januar zurückgegeben. 

Dem EY-Konzern drohen weiter Strafen

Die Manager umgehen mögliche Sanktionen, indem sie ihre Zulassung zurückgegeben, weil die Abschlussprüferaufsichtsstelle beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Apas) nur gegen Prüfer mit aktiver Zulassung vorgehen darf. Die Aufsicht hat denn auch einige Verfahren eingestellt und ermittelt inzwischen nur noch gegen acht und nicht länger gegen mehr als zehn Verdächtige, wie ein Apas-Sprecher auf WirtschaftsWoche-Anfrage sagte.

Für EY sind die Lizenz-Rückgaben ein schlechtes Zeichen: Sie deuten darauf hin, dass die Apas Strafen gegen den Prüfkonzern verhängen könnte. Die Aufsicht kann Prüfunternehmen Geschäfte untersagen und die Zulassungen von Kontrolleuren entziehen. Zudem kann sie Geldstrafen gegen die Unternehmen und ihre Mitarbeiter verhängen. 

EY gab die Wirecard-Bilanzen jahrelang frei

Ein EY-Sprecher bestätigt, „dass einzelne Prüfer sich entschieden haben, auf ihre Zulassung als Wirtschaftsprüfer zu verzichten“. Und weiter: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns nicht zu den individuellen Verfahren einzelner Wirtschaftsprüfer äußern“.

Ein Anwalt eines früheren Wirecard-Prüfer sagte auf Anfrage, „der betrügerisch herbeigeführte Zusammenbruch von Wirecard“ und die „mediale Aufarbeitung“ des Wirecard-Skandals sei für seinen Mandanten „sehr belastend“ gewesen. Er habe mit der Rückgabe der Zulassung einen „Schlussstrich ziehen“ wollen, „um wieder nach vorne schauen zu können“. Sein Mandant habe die Zulassung nicht zurückgegeben, um Strafen der Apas entgehen zu wollen, und glaube weiterhin, Wirecard „nach bestem Wissen und Gewissen“ geprüft zu haben. Er sei selbst „massiv getäuscht worden“.

Ein Anwalt eines weiteren früheren EY-Mitarbeiters erklärte, sein Mandant habe die Zulassung zurückgegeben, weil er bereits seit 2018 nicht mehr als Bilanzkontrolleur gearbeitet habe. Er hätte deshalb „in Kürze“ sowieso aus der Wirtschaftsprüferkammer ausscheiden müssen. Der Anwalt betonte, sein Mandant hätte sich bereits zuvor und „jederzeit durch einen Verzicht auf die Bestellung als Wirtschaftsprüfer frühzeitig dem Verfahren entziehen können“.

Trotz der zurückgegebenen Zulassungen droht auch einigen Wirecard-Prüfern weiter Ungemach: Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt seit 2020 gegen einige Kontrolleure. Die eingestellten Ermittlungen der Aufsicht Apas führen nicht automatisch dazu, dass die Staatsanwaltschaft ihr Verfahren auch einstellt. 

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EY hatte die Wirecard-Bilanzen jahrelang abgezeichnet, ehe der Zahlungsdienstleister im Juni 2020 zusammenbrach und Insolvenz anmeldete. Das Management um Chef Markus Braun soll Rücklagen und Umsätze in Milliardenhöhe erfunden haben. Braun verteidigt sich wegen des Vorwurfs vor dem Landgericht München I und weist alle Anschuldigungen zurück.

Lesen sie auch: So laufen die Klagen der Wirecard-Aktionäre

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