Umbruch beim Softwarekonzern SAP: Vier Erfolge und eine absehbare Enttäuschung

SAP-Gründer und -Aufsichtsratschef Hasso Plattner auf der letzten Präsenz-Hauptversammlung vor der Coronapandemie im Jahr 2019. Quelle: imago images

Bei einem der letzten großen öffentlichen Auftritte von SAP-Chefaufseher Hasso Plattner strotzt der Konzern vor Optimismus. Zu Recht – am Erfolg der neuesten Initiativen des Vorstands aber gibt es große Zweifel.

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Dass die SAP-Hauptversammlung am Donnerstag in Mannheim eine besondere werden dürfte, das war schon lange vorher absehbar. Zum ersten mal nach drei Jahren Corona-Pause wieder in der SAP-Arena, wieder vor tausenden Zuschauern und noch einmal: mit Hasso Plattner in der Hauptrolle. Vor drei Monaten hat der Mitgründer und Aufsichtsratschef seinen Abschied für das kommende Jahr angekündigt und so ist das Aktionärstreffen nun auch der gemeinsame Ausblick in die Nach-Plattner-Zeit. Allein um Sentimentalitäten aber wird es deshalb nicht gehen können: Gibt es doch mindestens fünf offene Fragen, welche die Aktionäre von SAP derzeit umtreiben – und die für die weitere Entwicklung des Konzerns von entscheidender Bedeutung sein dürften. 

Da ist zunächst der personelle Umbau an Spitze. Grundsätzlich ist die Erleichterung groß, dass es Plattner nach vielen Jahren erfolgloser Suche endlich gelungen ist, seine Nachfolge zu regeln. Für viele ist Punit Renjen, langjähriger Manager und früherer Chef des Beratungsunternehmens Deloitte und nun Plattners Nachfolger, zwar noch ein Unbekannter. Doch er dürfte es leicht haben, die Aktionäre zu überzeugen, zumindest legen das die Einschätzungen derer nahe, die ihn bereits kennengelernt haben. „Im Gespräch mit ihm habe ich mich gefühlt wie bei Dietmar Hopp“, sagte etwa ein Insider aus dem Aufsichtsratsumfeld der WirtschaftsWoche.

Anders ausgedrückt: Wirklich fremdeln dürften SAPler mit dem 61-jährigen indischstämmigen Amerikaner nicht, den sie auf der Hauptversammlung in den Aufsichtsrat wählen sollen. Ein Jahr hat er dann noch Zeit, sich neben Plattner warmzulaufen, bis jener final aus dem Kontrollgremium ausscheidet und Renjen den Stab als Chefkontrolleur übergibt.

Punit Renjen, designierter Nachfolger von Hasso Plattner als SAP-Aufsichtsratschef, gilt als exzellenter Branchenkenner und guter Zuhörer. Doch er hat ein Manko. 
von Michael Kroker

Auch beim zweite Thema, das Aktionären lange unter den Nägeln brannte, scheint Optimismus angesagt zu sein: Ende Oktober 2020 musste SAP-Chef Christian Klein völlig überraschend die Umsatz- und Gewinnerwartung für das damals laufende Geschäftsjahr 2020 kassieren. Zwei Jahre erbat er sich damals für den Umbau der SAP in Richtung Cloud. Binnen weniger Minuten radierte die Gewinnwarnung seinerzeit 30 Milliarden Euro Marktkapitalisierung des Walldorfer Softwarekonzerns aus.

Doch Klein und sein Vorstand hielten Wort: Bei der Vorlage der Zahlen für das Geschäftsjahr 2022 Ende Januar hatte der Konzern im vierten Quartal wieder ein zweistelliges Plus beim Betriebsergebnis hingelegt, ebenso im darauffolgenden ersten Quartal

Äußert sich der neue SAP-Finanzchef zu den Kosten?

Diese schönen Zahlen freuen einen besonders: Finanzchef Dominik Asam, der im März dieses Jahres den langjährigen Vorgänger Luka Mucic beerbte. Auf der Hauptversammlung wird sich Asam erstmals einem breiteren Publikum vorstellen. Die eigentliche Mittelfristprognose dürfte er zwar erst auf einer Investorenkonferenz am 16. Mai verkünden. „Aber es wird spannend sein, ob sich Asam zum Thema Kosten äußert“, kommentiert Mirko Maier, Softwareanalyst bei der LBBW. „Er hat ja schon bei Airbus bewiesen, dass er auf Ausgabendisziplin wert legt.“

Unangenehmer für die Spitze hingegen bleibt das Thema Qualtrics. Im März dieses Jahres hatte SAP verkündet, seine Anteile an der US-Marktforschungstochter an den US-Finanzinvestor Silver Lake und den kanadischen Pensionsfonds CPP Investments für 7,7 Milliarden Dollar verkaufen zu wollen. Das Eingeständnis einer teuren Fehleinschätzung: 2018 hatten die Walldorfer selbst rund acht Milliarden Dollar für Qualtrics bezahlt. „Die SAP-Aktionäre haben unter dem Strich also nichts mit der Übernahme verdient“, bilanziert Andreas Wolf, Analyst in der Research-Abteilung der Hamburger Privatbank M.M. Warburg. „Man könnte kritisch hinterfragen, was das sollte – da hat sich SAP ein Stück weit verrannt.“

Mittelstandsgeschäft, der nächste Versuch

Auch das neueste Projekt der Spitze dürfte auf eine gewisse Skepsis stoßen: Um neue Geschäfte im Mittelstand zu generieren, hatte der Konzern im März die neue Initiative Grow with SAP gestartet. Das Angebot richtet sich vor allem an mittelständische Neukunden, denen ein Schnelleinstieg in die SAP-Flaggschiffsoftware S/4Hana in der Cloud geboten werden soll.

Bloß: Probiert hat SAP das schon häufiger, geklappt hat es bisher nie. „Das ist mal wieder ein neuer Anlauf von SAP, um stärker bei mittelständischen Firmen punkten zu können“, meint LBBW-Analyst Maier. Um die Aktionäre davon zu überzeugen, warum es diesmal anders laufen sollte, wird SAP-Chef Christian Klein gute Argumente brauchen.

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Hasso Plattners Stimmung aber wird das nicht groß beeinträchtigen: Nachdem ihn Aktionärsvertreter in den vergangenen Jahren wegen seiner immer wieder verlängerten Aufsichtsratsmandate kritisiert hatten, kann er nun befreit die Hauptversammlung leiten. Und wird sich sicherlich ein paar Frotzeleien gefallen lassen müssen, ob der Ankündigung in einem Jahr dann auch wirklich Taten folgen werden. „Dass Hasso geht“, scherzt Holger Mueller, Analyst beim US-Marktbeobachter Constellation Research, „glaube ich erst hundertprozentig, wenn er wirklich weg ist.“

Lesen Sie auch das Interview mit SAP-Gesamtbetriebsratschef Eberhard Schick über die Querelen in der Arbeitnehmervertretung und den Umbau des Konzerns.

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